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1806  (Juli)  aus  16  west-  und  süddeutschen  Teilstaaten  bildet  sich  der  „Rheinbund“;  die
               Mitglieder  sagen  sich  von  Kaiser  und  Reich  los,  unterstellen  sich  Napoleons  Protektorat  und
               verpflichten sich, Hilfstruppen für die napoleonischen Kriege zur Verfügung zu stellen.
                      1806 (6. August) Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation: Kaiser Franz II.
               legt die Krone nieder und erklärt das Reich für aufgelöst.
                     1806 Oktober Preußen nimmt allein den Kampf gegen Frankreich wieder auf, wird aber bei
               Jena und Auerstedt vernichtend geschlagen; Brandenburg-Preußen wird von französischen Truppen
               besetzt, der preußische Königshof in das unbesetzte Memel (Litauen) verlegt; um den Staat vor der
               Auflösung zu bewahren, läßt der König "Ruhe als erste Bürgerpflicht" verkünden.
                     1807 Juli im "Frieden von Tilsit" verzichtet Preußen auf sämtliche Gebiete westlich der Elbe,
               behält dafür pro forma seine staatliche Souveränität (auf Druck des Zaren, der außer England als
               einziger noch nicht von Napoleon besiegt ist); Preußen wird teilweise besetzt und muß Frankreich
               unerträgliche Tribute leisten.
                     1807  Reichsfreiherr  Karl  vom  Stein  wird  zum  leitenden  Minister  des  preußischen
               Rumpfstaates ernannt und beginnt sofort mit der Umsetzung  seiner schon  früher ausgearbeiteten
               Reformpläne: Verwaltungsreform, Neuordnung des Militärwesens, Befreiung der Bauern von der
               Leibeigenschaft.
                     1807/08 der Philosoph Johann Gottlieb Fichte richtet in seinen Berliner Vorlesungen "Reden
               an  die  deutsche  Nation":  Forderung  nach  einem  freiheitlichen  und  selbständigen  deutschen
               Nationalstaat.
                     1808  Freiherr  vom  Stein  wird  auf  französischen  Druck  hin  entlassen,  nachdem  die  Polizei
               einen Brief abgefangen hat, in dem er Pläne für den Widerstand gegen die französische Herrschaft
               entworfen hat.
                     1809 Gründung der "Friedrich-Wilhelm-Universität" - Wilhelm von Humboldt wird ihr erster
               Rektor (deshalb heute Humboldt-Universität).
                     1809/10  unter  seinem  leitenden  Minister  Graf  Stadion  versucht  Österreich  erfolglos,  sich
               militärisch  von  der  französischen  Herrschaft  zu  befreien;  der  Tiroler  Anführer  des
               Freiheitskampfes, Andreas Hofer, wird in Mantua auf Befehl Napoleons hingerichtet.
                     1812 nach dem Beginn von Napoleons Rußland-Feldzug beruft Zar Alexander I. den Freiherrn
               vom Stein als politischen Berater; dieser holt seinerseits den Schriftsteller Ernst Moritz Arndt als
               Propagandisten zur Vorbereitung der Befreiung Deutschlands zu sich nach St. Petersburg.
                     1812  Dezember  der  Befehlshaber  des  preußischen  Hilfskorps  Napoleons  in  Rußland,  Graf
               Yorck von Wartenburg, erklärt seine Truppen zunächst für neutral, stellt sich dann auf die russische
               Seite und ruft gemeinsam mit Stein zur allgemeinen Bewaffnung und zum Volkskrieg gegen die
               Franzosen auf.
                     1813  März  König  Friedrich  Wilhelm  III.  segnet  General  Yorcks  Eigenmächtigkeit  im
               nachhinein  ab  und  erläßt  den  Aufruf  "An  mein  Volk",  das  Fanal  zum  bedingungslosen  Kampf
               gegen die napoleonische Tyrannei.
                     1813 August Österreich schließt sich der preußisch-russischen Koalition gegen Frankreich an.
                     1813 Oktober Bayern verläßt den Rheinbund und tritt an die Seite Rußlands, Preußens und
               Österreichs.
                     1813  Oktober    nachdem  russische  und  preußische  Verbände  die  Franzosen  aus  Rußland
               vertrieben haben, stehen sich am 16. Oktober in Sachsen eine Armee der Alliierten mit 205.000
               Mann  und  ein  französisches  Heer  von  190.000  Mann  gegenüber:  in  der  "Völkerschlacht  bei
               Leipzig" wird Napoleon in dreitägigem Kampf geschlagen und flieht nach Frankreich.
                     1814 März preußische, russische, österreichische und englische Truppen marschieren in Paris
               ein und vollenden die Befreiungskriege; Napoleon wird zunächst auf die Insel Elba, nach einem
               weiteren Anschlag gegen den Frieden nach St. Helena verbannt.
                     1814/15  auf  dem  "Wiener  Kongreß"  soll  unter  dem  Vorsitz  des  österreichischen
               Staatskanzlers  Metternich  die  europäische  Staatenwelt  neu  geordnet  werden:  gegen  den  Willen
               Preußens werden Frankreich die bis 1793 eroberten Territorien gelassen, auch sonst werden milde
               Friedensbedingungen  zugestanden,  da  Alexander  I.  von  Rußland  um  die  Stabilität  des  Mächte-
               Gleichgewichts fürchtet; das Heilige Römische Reich wird nicht wiederbelebt, sondern nur ein loser
               Staatenbund aus 35 autonomen Ländern und Städten geschaffen, der "Deutsche Bund": entgegen
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