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1923 (September) Reichskanzler Gustav Stresemann bricht den passiven Widerstand gegen
               die  Ruhrbesetzung  ab  und  verhängt  den  Ausnahmezustand;  die  linksradikalen  Regierungen
               Sachsens und Thüringens sowie das monarchistische Bayern erkennen die Beschlüsse der Berliner
               Reichsregierung nicht an, General von Seeckt zerschlägt mit der Reichswehr die kommunistischen
               Aufstände.
                     1923  (November)  "Hitler-Putsch":  mit  der  Unterstützung  von  Teilen  der  bayerischen
               Landesregierung und des ehemaligen Generals und Kriegshelden Ludendorff versucht Adolf Hitler,
               Führer  der  1920  gegründeten  Nationalsozialistischen  Partei  Deutschlands  (NSDAP),  von  Bayern
               aus die Macht in Deutschland zu übernehmen; das Unternehmen bricht zusammen, weil von Seeckt
               erstmalig die Reichswehr gegen einen Putschversuch von rechts einsetzt und Hitlers "Marsch auf
               die Feldherrnhalle" niederschießen läßt; Hitler wird zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, von denen
               er als ehemaliger Soldat ein Jahr in Festungshaft absitzen muß - er nutzt die Zeit und schreibt in der
               Gefangenschaft sein politisches Programm nieder: "Mein Kampf" .
                     1925  Tod  Friedrich  Ebert  und  Wahl  des  78-jährigen  Generalfeldmarschalls  a.D.  Paul  von
               Hindenburg zum neuen Reichspräsidenten (als Kandidat der konservativen und rechten Parteien).
                     1926 Außenminister Stresemann schließt im schweizerischen Locarno mit den Siegermächten
               einen Vertrag über die Unverletzlichkeit der bestehenden Westgrenzen, erreicht aber immer noch
               keine Räumung des Rheinlandes von fremden Truppen; die rechte Opposition läuft Sturm gegen
               diese Preisgabe deutscher Gebietsansprüche.
                     1928 Gustav Stresemann: Rede zur Reichstagswahl 1928; erster bemerkenswerter Wahlerfolg
               der NSDAP: die Partei erzielt 2,6% und zieht mit 12 Abgeordneten in den Reichstag ein.
                     1929  der  "schwarze  Freitag"  und  die  darauffolgende  Wirtschaftskrise  treffen  auch
               Deutschland schwer: viele Firmen und Banken brechen zusammen, die Arbeitslosigkeit steigt von
               1,6  Millionen  bis  1931  auf  4,3  Millionen,  bis  Anfang  1933  auf  über  6  Millionen  an;  mit  der
               Annahme des "Young-Plans" durch Stresemann werden die deutschen Reparationen auf 115 Mrd.
               Mark  59  Jahresraten  festgelegt,  im  Gegenzug  soll  das  Rheinland  bis  1930  von  den  Alliierten
               freigegeben werden.
                     1929 (Oktober) Tod Gustav Stresemanns.
                     1930  (März)  Präsident  von  Hindenburg  ernennt  auf  Grund  seiner  herausragenden
               verfassungsmäßigen Stellung den Zentrumspolitiker Heinrich Brüning zum Reichskanzler, ob wohl
               dieser sich nicht auf eine Mehrheit im Parlament stützen kann; Brüning regiert mit Hindenburgs
               präsidialer Macht im Rücken, das Parlament jederzeit auflösen zu können, durch Notverordnungen,
               d.h. ohne bzw. gegen den Reichstag.
                     1930 (September) bei der Reichstagswahl wächst die Zahl der NSDAP-Abgeordneten von 12
               auf 107 (18,3%) an, die der Kommunisten von 54 auf 77 (13,1%) - noch haben die demokratischen
               Parteien  zusammen  eine  überwältigende  Mehrheit  im  Volk;  ungeachtet  des  Wahlausgangs  läßt
               Hindenburg den Kanzler Brüning weiter regieren.
                     1932  (April)  Paul  von  Hindenburg  wird  als  Reichspräsident  für  weitere  7  Jahre
               wiedergewählt, diesmal als Kandidat der SPD und der demokratischen Parteien gegen Hitler, den
               Kandidaten der deutschnationalen Parteien, und den kommunistischen Anwärter Ernst Thälmann.
                     1932 (Mai)  nach einer Vertrauenskrise wird Brüning vom Reichspräsidenten entlassen und
               der rechtskonservative Zentrums-Abgeordnete Franz von Papen mit dem Amt des Reichskanzlers
               betraut.
                     1932 (Juli bis November) die Reichstagswahl bringt das bislang höchste Ergebnis für Hitlers
               NSDAP, die zur stärksten Partei wird: 230 Abgeordnete (37,8%) - Hermann Göring als Vertreter
               der  größten  Fraktion  wird  Parlamentspräsident;  Hitler  fordert  von  Hindenburg  den
               Regierungsauftrag,  wird  aber  schroff  abgewiesen;  von  Papen  regiert  weiter,  doch  erleidet  er  im
               September eine verheerende Niederlage in einer Vertrauensabstimmung, woraufhin der Präsident
               den  Reichstag  sofort  auflöst,  damit  von  Papen  im  Amt  bleiben  kann;  von  Papen  versucht
               Hindenburg zu überreden, überhaupt nicht mehr neu wählen zu lassen, doch der Präsident lehnt den
               Verfassungsbruch  ab;  bei  der  Neuwahl  im  November  verliert  Hitler  4  Millionen  Stimmen,  die
               NSDAP bleibt dennoch stärkste Partei mit 196 Abgeordneten (33,1%).
                     1932  (Dezember)  nach  dem  endgültigen  Scheitern  von  Papens  ernennt  Hindenburg  den
               parteilosen  General  Kurt  von  Schleicher  zum  Reichskanzler,  der  das  Ziel  verfolgt,  den
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