Page 65 - 4211
P. 65
1923 (September) Reichskanzler Gustav Stresemann bricht den passiven Widerstand gegen
die Ruhrbesetzung ab und verhängt den Ausnahmezustand; die linksradikalen Regierungen
Sachsens und Thüringens sowie das monarchistische Bayern erkennen die Beschlüsse der Berliner
Reichsregierung nicht an, General von Seeckt zerschlägt mit der Reichswehr die kommunistischen
Aufstände.
1923 (November) "Hitler-Putsch": mit der Unterstützung von Teilen der bayerischen
Landesregierung und des ehemaligen Generals und Kriegshelden Ludendorff versucht Adolf Hitler,
Führer der 1920 gegründeten Nationalsozialistischen Partei Deutschlands (NSDAP), von Bayern
aus die Macht in Deutschland zu übernehmen; das Unternehmen bricht zusammen, weil von Seeckt
erstmalig die Reichswehr gegen einen Putschversuch von rechts einsetzt und Hitlers "Marsch auf
die Feldherrnhalle" niederschießen läßt; Hitler wird zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt, von denen
er als ehemaliger Soldat ein Jahr in Festungshaft absitzen muß - er nutzt die Zeit und schreibt in der
Gefangenschaft sein politisches Programm nieder: "Mein Kampf" .
1925 Tod Friedrich Ebert und Wahl des 78-jährigen Generalfeldmarschalls a.D. Paul von
Hindenburg zum neuen Reichspräsidenten (als Kandidat der konservativen und rechten Parteien).
1926 Außenminister Stresemann schließt im schweizerischen Locarno mit den Siegermächten
einen Vertrag über die Unverletzlichkeit der bestehenden Westgrenzen, erreicht aber immer noch
keine Räumung des Rheinlandes von fremden Truppen; die rechte Opposition läuft Sturm gegen
diese Preisgabe deutscher Gebietsansprüche.
1928 Gustav Stresemann: Rede zur Reichstagswahl 1928; erster bemerkenswerter Wahlerfolg
der NSDAP: die Partei erzielt 2,6% und zieht mit 12 Abgeordneten in den Reichstag ein.
1929 der "schwarze Freitag" und die darauffolgende Wirtschaftskrise treffen auch
Deutschland schwer: viele Firmen und Banken brechen zusammen, die Arbeitslosigkeit steigt von
1,6 Millionen bis 1931 auf 4,3 Millionen, bis Anfang 1933 auf über 6 Millionen an; mit der
Annahme des "Young-Plans" durch Stresemann werden die deutschen Reparationen auf 115 Mrd.
Mark 59 Jahresraten festgelegt, im Gegenzug soll das Rheinland bis 1930 von den Alliierten
freigegeben werden.
1929 (Oktober) Tod Gustav Stresemanns.
1930 (März) Präsident von Hindenburg ernennt auf Grund seiner herausragenden
verfassungsmäßigen Stellung den Zentrumspolitiker Heinrich Brüning zum Reichskanzler, ob wohl
dieser sich nicht auf eine Mehrheit im Parlament stützen kann; Brüning regiert mit Hindenburgs
präsidialer Macht im Rücken, das Parlament jederzeit auflösen zu können, durch Notverordnungen,
d.h. ohne bzw. gegen den Reichstag.
1930 (September) bei der Reichstagswahl wächst die Zahl der NSDAP-Abgeordneten von 12
auf 107 (18,3%) an, die der Kommunisten von 54 auf 77 (13,1%) - noch haben die demokratischen
Parteien zusammen eine überwältigende Mehrheit im Volk; ungeachtet des Wahlausgangs läßt
Hindenburg den Kanzler Brüning weiter regieren.
1932 (April) Paul von Hindenburg wird als Reichspräsident für weitere 7 Jahre
wiedergewählt, diesmal als Kandidat der SPD und der demokratischen Parteien gegen Hitler, den
Kandidaten der deutschnationalen Parteien, und den kommunistischen Anwärter Ernst Thälmann.
1932 (Mai) nach einer Vertrauenskrise wird Brüning vom Reichspräsidenten entlassen und
der rechtskonservative Zentrums-Abgeordnete Franz von Papen mit dem Amt des Reichskanzlers
betraut.
1932 (Juli bis November) die Reichstagswahl bringt das bislang höchste Ergebnis für Hitlers
NSDAP, die zur stärksten Partei wird: 230 Abgeordnete (37,8%) - Hermann Göring als Vertreter
der größten Fraktion wird Parlamentspräsident; Hitler fordert von Hindenburg den
Regierungsauftrag, wird aber schroff abgewiesen; von Papen regiert weiter, doch erleidet er im
September eine verheerende Niederlage in einer Vertrauensabstimmung, woraufhin der Präsident
den Reichstag sofort auflöst, damit von Papen im Amt bleiben kann; von Papen versucht
Hindenburg zu überreden, überhaupt nicht mehr neu wählen zu lassen, doch der Präsident lehnt den
Verfassungsbruch ab; bei der Neuwahl im November verliert Hitler 4 Millionen Stimmen, die
NSDAP bleibt dennoch stärkste Partei mit 196 Abgeordneten (33,1%).
1932 (Dezember) nach dem endgültigen Scheitern von Papens ernennt Hindenburg den
parteilosen General Kurt von Schleicher zum Reichskanzler, der das Ziel verfolgt, den
69