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1956 (Oktober) Volksaufstand gegen die kommunistische Diktatur in Ungarn; wie 1953 in
               der "DDR" wird die Freiheitsbewegung von sowjetischen Panzern überrollt und niedergeschossen.
                     1957 (Januar) Eingliederung des Saarlandes in die Bundesrepublik Deutschland: zuvor hatten
               fast 80% der Saarländer eine Autonomie bzw. "Europäisierung" und weit über 90% eine Annexion
               durch Frankreich abgelehnt.
                     1957  (März)  Römische  Verträge:  Gründung  der  Europäischen  Wirtschaftsgemeinschaft
               (EWG,  später  EG,  dann  EU);  die  6  Gründerstaaten  sind  Deutschland,  Frankreich,  Italien,  die
               Niederlande, Belgien und Luxemburg.
                     1958  (Oktober)  Chruschtschows  Berlin-Ultimatum:  unter  dem  Vorwand,  auf  eine
               Wiedervereinigung der beiden deutschen Teilstaaten hinarbeiten zu wollen, verlangt die sowjetische
               Regierung den Rückzug der Westalliierten aus Berlin; die Frage wird 1959 auf einer Konferenz in
               Genf zunächst beigelegt, der Viermächtestatus bleibt für ganz Berlin erhalten.
                     1959 im "Godesberger Programm" trennt sich die SPD nach fast 100 Jahren von der Ideologie
               des Marxismus.
                     1959 (Juli) Heinrich Lübke (CDU) wird zweiter Bundespräsident.
                     1960  (April)  Abschluß  der  landwirtschaftlichen  Zwangskollektivierung  in  der  SBZ  –  alle
               Bauern  sind  de  facto  enteignet  und  gezwungen  worden,  sich  "Landwirtschaftlichen
               Produktionsgenossenschaften" (LPG) anzuschließen.
                     1961 (August) Bau der Berliner Mauer: Nachdem SED-Chef Ulbricht kurz zuvor verkündet
               hatte, niemand habe die Absicht, eine Mauer zu bauen, läßt er am 13. August morgens den Ostteil
               der Stadt abriegeln, und unter Aufsicht von Polizei und Militär wird innerhalb weniger Tage ein
               "antifaschistischer  Schutzwall"  rund  um  Westberlin  errichtet;  die  gewaltsame  Teilung  Berlins
               geschieht mit Zustimmung der sowjetischen Regierung und ist – nach dem Ultimatum von 1958 –
               ein weiterer Versuch, den Westteil der Stadt zu neutralisieren.
                     1962  (Oktober)  Beginn  der  "Spiegel-Affäre":  nachdem  das  Nachrichtenmagazin  einen
               Artikel über die mangelhafte Einsatzbereitschaft der Bundeswehr veröffentlicht hatte, werden im
               Handstreich  die  Hamburger  Redaktionsräume  polizeilich  durchsucht  und  "Spiegel"-Herausgeber
               Rudolf  Augstein  verhaftet;  infolge  dieses  illegalen  Mißbrauchs  der  Staatsmacht  gegenüber  dem
               wichtigsten  Organ  der  freien  Presse  muß  Verteidigungsminister  Strauß,  der  den  Coup  offenbar
               veranlaßt hat, von seinem Amt zurücktreten.
                     1963  (Januar)  Bundeskanzler  Adenauer  und  Frankreich  Staatspräsident  Charles  de  Gaulle
               unterzeichnen den deutsch-französischen Freundschaftsvertrag; damit soll ein Schlußstrich gezogen
               werden unter die  "Erbfeindschaft", die  seit Jahrhunderten  bestanden  hatte und  in  vielen  Kriegen
               zwischen Frankreich und Deutschland zum Ausdruck gekommen war.
                     1963 (Juni) John F. Kennedy in Deutschland: während eines mehrtägigen Staatsbesuchs hält
               der  amerikanische  Präsident  in  Berlin  die  berühmte  "Ich  bin  ein  Berliner"-Rede;  das  klare
               Bekenntnis zum NATO-Beistand für Deutschland im Falle eines russischen Angriffs trägt sehr zur
               Beruhigung bei und ruft eine wahre Kennedy- und Amerika-Euphorie bei den Westdeutschen und
               Berlinern hervor.
                     1963 (Oktober) Konrad Adenauer, mittlerweile 87 Jahre alt und seit 14 Jahren Bundeskanzler,
               tritt  zurück;  Nachfolger  wird  sein  bisheriger  Wirtschaftsminister  Ludwig  Erhard  (CDU),  der
               "Vater" des westdeutschen Wirtschaftswunders.
                     1964 ein Portugiese wird als millionster Gastarbeiter in Westdeutschland begrüßt; bis 1972
               steigt  die  Zahl  der  in  Deutschland  lebenden  Ausländer,  die  zum  Wirtschaftswachstum  beitragen
               sollen, auf über 2 Millionen.
                     1964  Gründung  der  Nationaldemokratischen  Partei  Deutschlands  (NPD);  die  neue
               Rechtspartei erzielt seit Mitte der 60er Jahre mehrere Erfolge bei Landtagswahlen, scheitert jedoch
               1969 mit 4,9% äußerst knapp an der Fünf-Prozent-Klausel, durch welche die etablierten Parteien
               seit 1953 neue Gruppierungen aus den Parlamenten heraushalten wollen.
                     1966 wirtschaftliche Rezession und Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik.
                     1966  (Oktober/Dezember)  Große  Koalition:  nach  Wahlniederlagen  der  CDU  und
               Haushaltsstreitigkeiten in der Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP ziehen sich die FDP-
               Minister aus der Regierung zurück; die beiden großen Volksparteien bilden gemeinsam eine neue
               Regierung  unter  dem  CDU-Bundeskanzler  Kurt  Georg  Kiesinger;  Willy  Brandt  (SPD),  bisher
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