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Das geflügelte Wort von den Deutschen als „Volk der Dichter und Denker“ stammt von dem
               Literaturkritiker  und  Schriftsteller  Wolfgang  Menzel.  Der  musste  es  eigentlich  wissen,  denn
               immerhin  war  er  sowohl  ein  Zeitgenosse  der  beiden  Dichter  Johann  Wolfgang  von  Goethe  und
               Friedrich von Schiller als auch der beiden Philosophen Immanuel Kant und Friedrich Hegel.
                     Damals – also um das Jahr 1800 herum – schrieb Menzel: „Die Deutschen tun nicht viel, aber
               sie schreiben desto mehr.“  An der Vorliebe der  Deutschen  für das Gedruckte hat sich  bis  heute
               nichts  geändert.  Jahr  für  Jahr  erscheinen  hierzulande  mehr  als  94.000  neue  oder  neu  aufgelegte
               Bücher, und mit der Frankfurter Buchmesse richtet Deutschland jedes Jahr die größte Buchschau
               der Welt aus.
                     Kultur – das  sind  in Deutschland  aber  nicht nur die großen  Klassiker der Philosophie und
               Literatur.  Das  Land  zeichnet  heute  eine  lebendige  Kunst-  und  Kulturszene  aus.  Im  Februar
               beispielsweise können Sie in Berlin die Internationalen Filmfestspiele, die „Berlinale“, besuchen.
               Auf  dem  Festival  werden  bis  zu  400  Filme  in  verschiedenen  Sektionen  präsentiert. Im  Juli  und
               August  empfiehlt  sich  für  Opernfreunde  der  Besuch  der  Richard-Wagner-Festspiele.  Die  30
               Vorstellungen  in  Bayreuth  können  von  insgesamt  rund  58.000  Zuschauern  besucht  werden –  da
               aber  jedes  Jahr  bis  zu  einer  halben  Million  Kartenbestellungen  vorliegen,  gibt  es  jahrelange
               Wartezeiten.
                     Auch abseits der bekannten, viel besuchten Kulturhöhepunkte können Sie in jeder deutschen
               Region spannende kulturelle Entdeckungen machen. Sei es eine Galerie, eine Buchhandlung oder
               Bibliothek  mit  ungewöhnlichen  Lesungen,  eine  lebhafte  Kleinkunstbühne,  eine  verträumte
               Wasserburg oder eine Aufsehen erregende innerstädtische Architektur.
                     1. Literatur
                     Als ältestes Zeugnis deutscher Literatur gilt das Hildebrands-Lied. Es wurde an den Höfen
               von  fahrenden  Sängern  vorgetragen.  Namenlich  bekannt  sind  die  Autoren  vom  12.  Jahrhundert:
               Wolfram von Eschenbach, Walther von der Vogelweide, Gottfried von Straßburg. Als bedeutendste
               deutsche Autoren gelten u. a. Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller sowie die Brüder
               Grimm.  Mit  Heinrich  Heine,  Kurt  Tucholsky,  Bertolt  Brecht,  Thomas  und  Heinrich  Mann  oder
               Hannah Arendt stachen zu ihrer Zeit wichtige Literaten hervor.
                     Im 20. Jahrhundert waren deutsche Nobelpreisträger für Literatur Theodor Mommsen (1902),
               Rudolf  Eucken  (1908),  Paul  Heyse  (1910),  Gerhart  Hauptmann  (1912),  Thomas  Mann  (1929),
               Hermann Hesse (1946), Heinrich Böll (1972) und Günter Grass (1999), im 21. Jahrhundert Herta
               Müller (2009).
                     Die  Frankfurter  Buchmesse  gilt  als  bedeutendster  Treffpunkt  des  internationalen
               Verlagswesens und der Literaturszene. Dort wird jährlich der „beste Roman deutscher Sprache“ mit
               dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet.
                     2. Musik und Theater
                     Deutschlands Ruf als bedeutende Musiknation stützt sich noch immer auf Namen wie Bach,
               Beethoven und Brahms, wie Händel und Richard Strauss. Deutschland nennt man als drittgrößter
               Musikmarkt der Welt.
                     Die Geschichte der europäischen klassischen Musik wird über weite Strecken von deutschen
               Komponisten  geprägt.  Aufgrund  der  zentralen  Lage  Deutschlands  konnten  hier  unterschiedliche
               Musiktraditionen aus ganz Europa zusammenfließen. In der Barockzeit erlebten die Kirchenmusik
               und  der  Orgelbau  eine  große  Blüte.  Wichtige  Barockkomponisten  waren  u.  a.  Heinrich  Schütz,
               Dietrich  Buxtehude,  Georg  Friedrich  Händel,  Georg  Philipp  Telemann,  Johann  Sebastian  Bach.
               Stilbildend  für  die  Wiener  Klassik  waren  aus  Deutschland  die  Komponisten  der  Mannheimer
               Schule,  Ludwig  van  Beethoven  und  Wolfgang  Amadeus  Mozart,  der  auch  als  österreichischer
               Komponist  gilt.  Beginnend  zur  Zeit  des  Vormärz  wurde  der  begleitete  Liedgesang  durch
               Komponisten  wie  Robert  Schumann  und  Felix  Mendelssohn  Bartholdy  zu  einer  eigenen
               Kunstgattung entwickelt. Weitere wichtige deutsche romantische Komponisten waren Carl Maria
               von Weber, Johannes Brahms, Richard Wagner, Hans Pfitzner, Max Reger und Richard Strauss.
               Hanns Eislers Musik steht im Spannungsfeld von sozialistischem Realismus und der Anknüpfung
               an  die  Vorkriegsmoderne.  Nach  1950,  mitgeprägt  durch  die  Darmstädter  Ferienkurse  war  in
               Westdeutschland die Entwicklung der seriellen und elektronischen Musik durch Komponisten wie
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