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„Einen Kognak! Einen starken Kaffee!“ stöhnte der
Vater und sank auf einen Stuhl.
„Jetzt werde ich die Sache in die Hand nehmen!“
erklärte die Mutter energisch. Sie ordnete an, daß Theres
den Wäschekorb bringe und eine Wolldecke. Dann
umhüllte sie die nackte frierende Gans mit der Decke,
legte sie in den Korb und tat noch zwei Krüge mit heißem
Wasser an beide Seiten.
Vater Löwenhaupt, der inzwischen zwei Kognaks
hinuntergekippt hatte, erhob sich leise vom Stuhl, um aus
der Küche zu verschwinden.
Doch die Mutter hielt ihn fest; sie befahl: „Gehe sofort
in die Breite Straße und kaufe fünfhundert Gramm gute
weiße Wolle!“
„Wieso Wolle?“
„Geh und frage nichl!“
Vater Löwenhaupt war noch so erschüttert, daß er
nicht widersprach, seinen Hut und Überzieher nahm und
eiligst das Haus verließ.
Schon nach einer Stunde saßen die Mutter und Theres
im Wohnzimmer und begannen für Auguste aus weißer
Wolle einen Pullover zu stricken. Am Nachmittag nach
Schulschluß halfen die Töchter Elli und Gerda. Peterle
aber durfte seine Gustje auf dem Schoß halten und ihr
immer den neuen entstehenden Pullover, in dem für die
Flügel, den Hals, die Beine und den Sterz Öffnungen
bleiben mußten, anprobieren helfen. Bereits am Abend war
das Kunstwerk beendet. Schnatternd und schimpfend, aber
doch nicht mehr frierend stolzierte nun Auguste in ihrem
wunderschönen weißen Wollkleid durchs Zimmer. Peterle
sprang um sie herum und freute sich, daß Gustjes
Winterschlaf so schnell zu Ende war, daß er wieder mit
ihr spielen und sich unterhalten konnte.
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