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Als Vater Löwenhaupt zum Abendessen kam und
Auguste in ihrem schicken Pullover mit Rollkragen um den
langen Gänsehals dahertapsen sah, meinte er: „Sie ist
schöner als je! So ein Exemplar gibt es auf der ganzen
Welt nicht mehr!“
Die Mutter aber erwiderte nichts, sondern sah ihn
bloß an.
Natürlich mußte man für Auguste noch einen zweiten
Pullover stricken, diesmal einen graublauen, zum
Wechseln, wenn der weiße gewaschen wurde. Natürlich
nahm Auguste als wesentliches Mitglied der Familie groß
am Weihnachtsfest teil. Natürlich war Auguste auch das am
meisten bewunderte Lebewesen des ganzen Stadtteils,
wenn Peterle mit der Weihnachtsgans in ihrem schmucken
Sweater spazieren ging.
Und als der Frühling kam, war der Auguste bereits
wieder ein warmer Federflaum gewachsen. So konnte
man den Pullover mit den anderen Wintersachen
einmotten. Gustje durfte jetzt sogar beim Mittagstisch
auf dem Schoß von Peterle sitzen, wo sie ihr kleiner
Freund mit Kartoffelstückchen fütterte.
Sie war der Liebling der ganzen Familie. Und Vater
Löwenhaupt bemerkte immer wieder stolz: „Na, wer hat
euch denn Auguste mitgebracht? Wer?“ Die Mutter sah
ihn an und lächelte, Peterle jedoch echote: „Ja, wer hat
Gustje uns mitgebracht?“, und dabei sprang er gerührt auf
und umarmte den Vater; dann hob er seine Gustje empor
und ließ sie dem Vater „einen Kuß“ geben, was bedeutete,
daß Auguste den Vater Löwenhaupt schnatternd mit
ihrem Schnabel an der Nase zwickte.
Spätabends im Bett aber fragte Peterle seine Gustje,
indem er sie fest an sich drückte: „Warum hast du denn
vor Weihnachten den Winterschlaf gehalten?“ Und Gustje
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