Page 128 - 402_
P. 128

weckte  den  anderen.  Als  nun  die  ältere  Schwester  Elli
                            schlief und im Haus alles still schien, schlichen die zwei
                            auf  den  nackten  Zehenspitzen  in  den  Keller,  holten  die
                            Gans  Auguste  aus  ihrer  Kiste,  in  der  sie  auf  Lappen  und
                            Sägespänen  lag,  und  trugen  sie  leise  hinauf  in  ihr
                            Zimmer. Bisher war Auguste recht verschlafen gewesen und
                            hatte bloß etwas geschnattert wie: „Lat mi in Ruh', lat mi
                            in  Ruh'!“  Aber  plötzlich  fing  sie laut an zu schreien: „Ich
                            will  in  min  Truh',  ich  will  in  min  Truh'!“  Schon  gingen
                            überall die Türen auf.
                                Die  Mutter  kam  hervorgestürzt,  Therese,  das
                            Hausmädchen,  rannte  von  ihrer  Kammer  her  die  Stiegen
                            hinunter.  Auch  die  zwölfjährige  Elli  war  aufgewacht,  aus
                            ihrem  Bett  gesprungen  und  schaute  durch  den  Türspalt.
                            Die kleine  Gerda aber hatte in ihrem  Schreck die Gans
                            losgelassen, und jetzt flatterte und schnatterte Auguste
                            im Treppenhaus umher.
                                Und da begann auch noch das  Peterle zu  heulen: Ich
                            will Gustje haben! Gustje soll mit mir schlafen! Die Mutter,
                            die  ihn  ins  Bett  legte,  suchte  ihm  zu  erklären,  daß  die
                            Gans jetzt wieder in ihre Kiste in den Keller müsse.
                                „Warum muß sie denn in den Keller?“ fragte Peterle,
                            „Weil  eine  Gans  nicht  im  Bett  schlafen  kann.“  „Warum
                            kann  denn  Gustje  nicht  im  Bett  schlafen?“  „Im  Bett
                            schlafen nur Menschen, und jetzt sei still und mach die
                            Augen zu!“
                                Die  Mutter  war  schon  an  der  Tür,  da  heulte  Peterle
                            wieder los: „Warum schlafen nur Menschen im Bett? Gustje
                            soll  oben  schlafen,“  Als  die  Mutter  sah,  wie  aufgeregt
                            Peterle  war,  und  daß  man  ihn  nicht  beruhigen  konnte,
                            erlaubte  sie,  daß  man  die  Kiste  aus  dem  Keller
                            heraufholte und neben Peterles Bett stellte.
                                Natürlich konnte man jetzt Auguste nicht wieder in den
                            Keller  bringen,  zumal  die  Nächte  immer  kälter  wurden,


















                                                           128
   123   124   125   126   127   128   129   130   131   132   133