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Die Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand in Sarajevo 1914 war der
               Auslöser für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn auf
               der einen und Russland, Frankreich und Großbritannien auf der anderen Seite (1917 Kriegseintritt
               der USA).
                     Nach  der  absehbaren  Niederlage  Deutschlands  kam  es  1918  zur  so  genannten
               Novemberrevolution,  bei  der  der  Sozialdemokrat  Phillip  Scheidemann  die  deutsche  Republik
               ausrief.  1919  fanden  demokratische  Wahlen  zur  Nationalversammlung  statt.  Im  Vertrag  von
               Versailles musste Deutschland als alleiniger Träger der Kriegsschuld harte Bedingungen seitens der
               Siegermächte hinnehmen, die zu sozialer Not und politischen Unruhen im Land führten: die hohen
               Reparationsforderungen  verhinderten,  dass  die  deutsche  Wirtschaft  sich  nach  dem  Krieg
               konsolidieren konnte, die Unzufriedenheit und schlechten Lebensbedingungen in der Bevölkerung
               waren ein Nährboden für linke und rechte Kräfte.
                     Einer verhältnismäßig ruhigen Zeit Mitte der 20er Jahre folgte die Weltwirtschaftskrise 1929,
               die Deutschland besonders hart traf. 1933 wurde Adolf Hitler von der Nationalsozialistischen Partei
               Reichskanzler, der Reichstag unterschrieb mit dem Ermächtigungsgesetz sein eigenes Todesurteil.
               Die Nürnberger Gesetze von 1935 legten den Grundstein für die Verfolgung und Ausrottung der
               Juden  in  Deutschland.  Bis  1945  starben  in  den  Konzentrationslagern  mehr  als  sechs  Millionen
               Menschen, neben den Juden auch andere Angehörige von Völkern der Sinti und Roma und politisch
               Andersdenkende und Oppositionelle.
                     Hitlers Expansionspläne (mit dem Ziel, "Lebensraum im Osten" zu gewinnen) lösten 1939
               den  Zweiten  Weltkrieg  aus,  der  durch  die  Einbeziehung  Japans,  der  Sowjetunion  und  der  USA
               tatsächlich ein weltweiter Krieg wurde.
                     Nach  der  Niederlage  Deutschlands  wurde  das  Land  von  den  vier  Siegermächten  USA,
               Großbritannien, Frankreich und Sowjetunion besetzt und in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Die
               Hauptstadt  Berlin,  die  inmitten  der  sowjetischen  Zone  lag,  wurde  in  vier  Sektoren  eingeteilt.
               Während die Westzonen mithilfe des Marshall-Plans wirtschaftlich wieder aufgebaut wurden und
               politisch   zusammenarbeiteten,    wurde    die   Sowjetische    Besatzungszone    (SBZ)    nach
               kommunistischem Vorbild umgestaltet und durch umfangreiche Demontagen geschwächt.
                     Bald nach Kriegsende konstituierten sich wieder politische Parteien. In der SBZ kam es 1946
               zu  einer  Zwangsvereinigung  der  sozialdemokratischen  und  der  kommunistischen  Partei  zur
               Sozialistischen  Einheitspartei  (SED),  deren  sowjettreue  Führungsmitglieder  die  Politik  in  der
               Ostzone lenkten. 1948 leitete die Währungsreform in den Westzonen eine wirtschaftliche Trennung
               ein, 1949 konstituierten sich  zwei deutsche Staaten:  im  Westen die  Bundesrepublik Deutschland
               (BRD)  mit  Bonn als provisorischer Hauptstadt,  im Osten die Deutsche Demokratische Republik
               (DDR). Berlin erhielt einen Viermächtestatus. Das Ziel  eines  vereinten Gesamtdeutschlands war
               verfehlt.  Im  Rahmen  des  Kalten  Krieges  trat  die  BRD  1955  dem  Nordatlantischen
               Verteidigungsbündnis  (NATO),  die  DDR  dem  Warschauer  Pakt  bei.  Im  gleichen  Jahr  nahm  die
               deutsche  Regierung  unter  Konrad  Adenauer  (Bundeskanzler  von  1949  bis  1963,
               Christdemokratische Partei) auch diplomatische Beziehungen zur Sowjetunion auf.
                     Während  sich  in  Westdeutschland  in  den  50er  und  60er  Jahren  das  "Wirtschaftswunder"
               durch die Einführung der Sozialen Marktwirtschaft vollzog, das Deutschland zu einer der führenden
               Industrienationen werden ließ, erholte sich die DDR nur langsam von den Folgen des Krieges. Um
               den rasanten Anstieg von Flüchtlingen über die Grenze in den Westen zu verhindern, ließ die DDR-
               Führung die innerdeutsche Grenze sperren und scharf bewachen. In Berlin wurde 1961 die Berliner
               Mauer errichtet.
                   Konrad Adenauer hatte die DDR nicht als Staat anerkannt und die BRD zum einzig legitimen
               deutschen  Staat  erklärt,  der  deutsche  Interessen  vertreten  durfte.  Mit  Willy  Brandt  als
               Außenminister (1966-69) und später als Bundeskanzler (1969-1974) als Nachfolger von Kurt Georg
               Kiesinger (1966-69, CDU) änderte sich diese Einstellung hin zum "Wandel durch Annäherung": im
               Grundlagenvertrag von 1972 wurde die DDR anerkannt. In den Ostverträgen (1970 mit der UdSSR,
               1973  mit der CSSR) sollte das Verhältnis zum  Ostblock normalisiert werden. Die BRD und die
               DDR  wurden  1973  beide  in  die  UNO  aufgenommen.  Dadurch  war  die  DDR  auch  durch  die
               westlichen Länder diplomatisch anerkannt.


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