Page 28 - 6729
P. 28
28
Deutschland ist eine Parteiendemokratie: Parteien sind das Bindeglied
zwischen Staat und Gesellschaft. Sie haben nach dem Grundgesetz die Aufgabe,
an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. Die Aufstellung von
Kandidaten für politische Funktionen und die Organisation von Wahlkämpfen
gewinnen dadurch den Rang einer Verfassungsaufgabe. Aus diesem Grund
erhalten die Parteien vom Staat einen Ausgleich für die im Wahlkampf
entstehenden Kosten. Die in Deutschland erstmals praktizierte
Wahlkampfkostenerstattung ist heute in den meisten Demokratien gebräuchlich.
Der Aufbau der politischen Parteien muss nach dem Grundgesetz
demokratischen Grundsätzen folgen (Mitgliederdemokratie). Es wird von ihnen
erwartet, dass sie sich zum demokratischen Staat bekennen.
Parteien, deren demokratische Gesinnung in Zweifel steht, können auf
Antrag der Bundesregierung verboten werden. Sie müssen aber nicht verboten
werden. Hält die Bundesregierung ein Verbot für angebracht, weil solche
Parteien eine Gefahr für das demokratische System darstellen, so kann sie
lediglich einen Verbotsantrag stellen. Das Verbot selbst darf ausschließlich vom
Bundesverfassungsgericht ausgesprochen werden. So wird verhindert, dass die
regierenden Parteien einer Partei verbieten, die ihnen im politischen Wettbewerb
unbequem werden könnte. In der Geschichte der Bundesrepublik hat es wenige
Verbotsverfahren und noch weniger Parteienverbote gegeben. Das Grundgesetz
privilegiert zwar die politischen Parteien. Die Parteien bleiben aber im Kern
Ausdrucksformen der Gesellschaft. Sie tragen alle Risiken des Scheiterns bei
Wahlen, bei der Abwanderung von Mitgliedern und bei der Zerstrittenheit in
Personal- und Sachfragen.
Das deutsche Parteiensystem ist überschaubar. Aus einem langjährigen
Drei-Parteien-System hat sich durch die Etablierung der Grünen in den 1980er-
Jahren und der SED-Nachfolgepartei nach der Wiedervereinigung 1990 ein
mittlerweile stabiles Fünf-Parteien-System entwickelt. Neben den Volksparteien
CDU/CSU und SPD verzeichneten auch die „kleinen“ Parteien bei der
Bundestagswahl 2009 zweistellige Prozentwerte bei den Wählerstimmen. Die
Unionsparteien, die zur europäischen Parteienfamilie der christlichen
Demokraten gehören, treten überall in Deutschland – mit Ausnahme Bayerns –
als Christlich Demokratische Union (CDU) auf. Im Bundesland Bayern
verzichtet die CDU auf ein eigenes Auftreten und überlässt das Feld der mit ihr
eng verbundenen Christlich-Sozialen Union (CSU). Im Bundestag haben sich
die Abgeordneten beider Parteien dauerhaft zu einer Fraktionsgemeinschaft
zusammengeschlossen.
Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) ist die zweite große
Kraft im deutschen Parteiensystem. Sie gehört zur europäischen Parteienfamilie
der Sozialdemokraten und demokratischen Sozialisten. CDU/CSU und SPD
stehen grundsätzlich positiv zum Sozialstaat. CDU/CSU integrieren eher die
Schichten der Selbstständigen, Gewerbetreibenden und Unternehmer, die SPD
steht den Gewerkschaften nahe.
Die Freie Demokratische Partei (FDP) gehört zur Familie der liberalen
europäischen Parteien. Ihr politisches Credo ist das geringstmögliche Eingreifen