Page 41 - 6730
P. 41
Besondere Schwierigkeiten bereitet die Erdölförderung aus Lagerstätten, die sich
unter Gewässern befinden („Off-Shore-Gewinnung“). Hier müssen zur Erschließung
der Lagerstätte auf dem Gewässergrund stehende oder darüber schwimmende
Bohrplattformen (Bohrinseln) eingerichtet werden, von denen aus gebohrt und später
gefördert (Förderplattformen) werden kann.
11. Im Dezember 2009 wurde der Öffentlichkeit bekannt, dass bei der Erdöl-
und Erdgasförderung jährlich Millionen Tonnen radioaktiv verseuchter Rückstände
anfallen, für deren Entsorgung größtenteils der Nachweis fehlt. Im Rahmen der
Förderung an die Erdoberfläche gepumpte Schlämme und Abwässer enthalten
NORM-Stoffe (Naturally occurring radioactive material), unter anderem das
hochgiftige und extrem langlebige Radium 226 sowie Polonium 210. Die spezifische
Aktivität der Abfälle beträgt zwischen 0,1 und 15.000 Becquerel (Bq) pro Gramm. In
Deutschland, wo etwa 1000 bis 2000 Tonnen Trockenmasse im Jahr anfallen, ist das
Material laut der Strahlenschutzverordnung von 2001 bereits ab einem Bq pro
Gramm überwachungsbedürftig und müsste gesondert entsorgt werden. Die
Umsetzung dieser Verordnung wurde der Eigenverantwortung der Industrie
überlassen, wodurch die Abfälle letztlich über Jahrzehnte hinweg sorglos und
unsachgemäß beseitigt wurden. Es sind Fälle dokumentiert, in welchen Abfälle mit
durchschnittlich 40 Bq/g ohne jede Kennzeichnung auf einem Betriebsgelände
gelagert wurden und auch nicht für den Transport besonders gekennzeichnet werden
sollten.
In Ländern mit größeren geförderten Mengen von Öl oder Gas entstehen
deutlich mehr Abfälle als in Deutschland, jedoch existiert in keinem Land eine
unabhängige, kontinuierliche und lückenlose Erfassung und Überwachung der
kontaminierten Rückstände aus der Öl- und Gasproduktion.