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dem Common Carrier-Prinzip beruht. Großabnehmern wird freier
Zugang zu einem verbundenen Energienetz gewährt, mit dem Ziel,
durch den Wettbewerb billigeren Strom zu produzieren, was der
europäischen Industrie wiederum in der Weltwirtschaft
zugutekommt. Das sieht so aus, dass in Frankreich und anderen
Ländern mit niedrigeren Sicherheitsanforderungen eine billige
(weil unglaublich subventionierte) Atomstromindustrie boomen
wird, die man nebenher auch noch als umweltfreundlich wegen
niedriger CO2- Emissionen ausgeben kann. Klingt so ganz gut.
Man kann aber auch zu ganz anderen Ergebnissen kommen: Mit
einer konsequenten Nutzung von Kraft-Wärme-Kopplung (d.h. die
Abwärme bei der Stromproduktion als Fernwärme zur Beheizung
nutzen) und alternativen Energien und bei völligem Verzicht auf
Atomenergie würde man immer noch weniger CO2 emittieren als
mit "sauberem" Atomstrom im EG- Szenario (so eine Studie des
Öko-Instituts in Freiburg; Näheres dazu im Anhang). Dazu wäre
jedoch eine EG-weite dezentrale Produktionsstruktur nötig, da mit
dem Common Carrier-Prinzip keine Kraft-Wärme-Kopplung
möglich ist Fernwärme lässt sich im Gegensatz zum Strom nicht
über Tausende von Kilometern transportieren. Hier berührt das
Problem nun politische Entscheidungen über die Strukturen einer
künftigen Europäischen Union: Jede Idee zieht zunächst einen
Rattenschwanz neuer Probleme nach sich. Es gibt mittlerweile
keine Einzellösungen mehr, nichts kann mehr ohne einen
größeren, meist internationalen Kontext gesehen werden. Die
diversen Studien über Formen einer ökologischen
Industriegesellschaft sollen hier nicht im Einzelnen erörtert
werden. Dies bleibt vorläufig jedem selbst überlassen.
Uns bleibt erst einmal nichts anderes übrig, uns über diese
Verflechtungen und die Bedingungen, Voraussetzungen und
Aussichten eines ökologischen Umbaus klar zu werden.
Beginnt er beim Einzelnen, also von unten, oder oben beim
Staat? Ist es möglich, das gegenwärtige System einer (mehr oder
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