Page 27 - 4653
P. 27
LEKTION 6.
DAS ÖKOLOGIE-PROBLEM EINES JEDEN
EINZELNEN VON UNS
Womit wir beim Umweltbewusstsein des Einzelnen
angekommen sind. Mangelndes Umweltbewusstsein ist nicht
unbedingt Ausdruck von Gleichgültigkeit oder Egoismus. Zum
einen fehlt es an der nötigen Information über Zusammenhänge
(vereinfachende, reißerische Informationen gibt es reichlich); zum
anderen kann man die Schäden, die durch bestimmte
Verhaltensweisen verursacht werden, gar nicht wahrnehmen oder
nur in so großen Zeiträumen, dass ein Schuldgefühl nicht mehr
aufkommen kann. Ein "Umweltwert" muss sich erst entwickeln,
der einem sofort im Moment der Schädigung ein schlechtes
Gewissen einflößt. Dieser Wertewandel findet in einigen
Industriegesellschaften mittlerweile statt, aber möglicherweise
auch in diesen noch zu langsam. Mit der Entstehung eines
Umweltwertes muss ein Wiedererstarken der Werte Solidarität und
Mäßigung einhergehen, als Gegengewicht zum Egoismus und zum
Leistungs- und Effizienzdenken der Marktwirtschaft, die das
Ökologieproblem ermöglicht haben. Braucht Solidarität aber eine
stiftende Autorität? Z.B. Kriege und Naturkatastrophen, oder eben
eine Umweltkatastrophe? Welche bereits bestehenden Autoritäten
sind in der Lage, den Wertewandel durchzusetzen? Staat, Kirche,
Familie?
Der Wertewandel ist jedenfalls keine Frage rationalen
Verhaltens, wie uns das Gefangenendilemma der Spieltheoretiker
zeigen kann. Dort wird den beteiligten Personen rationales
Verhalten unterstellt mit dem Ergebnis, dass sie eher bemüht sind
den eigenen Schaden zu minimieren als den der Gruppe. Das
Ergebnis dabei ist für die Gruppe nicht optimal es sei denn, es
gäbe eine Gruppenautorität, die den Beteiligten die für sie
27