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Strukturpolitik müßte dann ausschließlich auf UNO-Ebene
stattfinden aber wir kennen ja die UNO, und wir wissen, wie
schwierig Strukturpolitik schon in der Bundesrepublik ist.
Sämtliche Szenarien, die in irgendeiner Form Solidarität der
Industriestaaten erfordern, sind wohl unrealistisch. Einzig die jetzt
beginnenden Wanderungsbewegungen könnten einen politischen
Druck zur Kooperation erzeugen, könnten aber als Ausdruck
von Resignation oder Egoismus im Norden auch die Errichtung
einer Wohlstandsmauer beschleunigen.
Trotzdem: Gibt es irgendwelche Alternativen zu den
gegenwärtigen Tendenzen? Kooperation zwischen Nord und Süd
könnte vielleicht in einem "Patenmodell" stattfinden, in dem die
USA sich auf die Entwicklung Südamerikas konzentrieren, die EG
auf Osteuropa und Afrika, Japan auf Asien. Aber, angesichts der
momentanen Rezession, hört sich das schon fast lächerlich an.
Eine Alternative wäre die Bildung von Wirtschaftsblöcken
innerhalb der Dritten Welt, mit einem gewissen Protektionismus
nach dem Vorbild von USA, EG und Japan. Die jeweiligen Staaten
würden zwar den Vorteil ihrer billigen Arbeitskräfte einbüßen,
könnten aber ihre Rohstoffe zu menschenwürdigen Preisen
verkaufen (man erinnere sich an die Ölkrisen). Außerdem würde
es ihnen die Möglichkeit einer halbwegs eigenständigen
kulturellen Entwicklung und Wahrung ihrer Identität geben
wovon im jetzigen System keine Rede sein kann. Allerdings ist die
Aussicht auf Entwicklungshilfe durch Industriestaaten zu
politischen Gegenleistungen für viele Dritt-weltländer attraktiver
gewesen als die Kooperation untereinander, weshalb die jüngere
Geschichte reich an Bruderkriegen in der Dritten Welt ist. Der
Golfkrieg hat uns außerdem gezeigt, wie die Industriestaaten auf
Entwicklungen reagieren, die auf eine Stärkung des regionalen
Zusammenhalts hinzielen. Die Spaltung des arabischen Lagers im
Golfkrieg zeigt darüber hinaus, wie groß die Chancen sind, in
Regionen der Dritten Welt einen Konsens herzustellen.
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