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formen, alle vorherigen Dimensionen. Heute ist eine Grenze der
"Umformbarkeit" (um nicht zu sagen Zerstörbarkeit) erreicht, die
noch vor 50 Jahren kaum abzusehen war. Menschliche Zivilisation
wird in einer derart zerstörbaren Natur nur noch wenige
Generationen möglich sein. Zu allen Zeiten haben besonders
verstädterte Kulturen Müll und Umweltschäden verursacht - man
denke an das Römische Reich -, doch führen in diesem Jh.
Millionenmetropolen auf der ganzen Welt sowie die brutale
Überbevölkerung zu den heutigen Ausmaßen.
Die Gleichgewichtsregeln der Natur und das "menschliche"
Prinzip der Nutzenmaximierung (d.h. Steigerung des individuellen
Wohlbefindens als ultima ratio) bilden offensichtlich einen
Gegensatz, der um so größer wird, je mehr der Mensch verstädtert,
nicht zuletzt weil das liberale Wirtschaftssystem den Faktor Arbeit
in die Agglomerationszentren zieht. Der Mensch war bisher in der
Lage, sich über diese Gleichgewichtsregeln hinwegzusetzen - das
Feed-back der Natur war zu schwach oder konnte umgelenkt
werden. Ein Stadtmensch kann dieses Feedback darüberhinaus
lange Zeit gar nicht wahrnehmen (Trinkwasserverschmutzung und
-verknappung) in seiner selbst geschaffenen Welt, die
ausschließlich nach seinen Gesetzen zu funktionieren scheint. Das
"natürliche" Prinzip der Nutzenmaximierung, das die
Gleichgewichtsregeln nicht verletzt, ist für ihn irrelevant
geworden. Im Leben des modernen, industrialisierten Menschen
sind die entscheidenden Größen Effizienz und monetäre
Bemessung. Sie korrespondieren überhaupt nicht mit den
natürlichen Gleichgewichtsregeln. Das sie bedingende System der
Marktwirtschaft ist allerdings im Norden nicht aufgepfropft
worden, sondern hat sich allmählich entwickelt. Es reagiert in
seiner jetzigen Form auf das Feed-back der Natur nicht, weil es
dieses gar nicht aufnehmen und verstehen kann. Der einzig bislang
wahrnehmbare Feed-back-Effekt ist vielleicht die Integration eines
postmateriellen Wertes Natur in die Nutzenfunktion der
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