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LEKTION 2.
URSACHENFORSCHUNG
Wie natürlich ist der Mensch und das, was er hervorbringt?
Definiert man das gesamte Ökosystem Erde als Natur,
inclusive den Menschen und ihrer Zivilisation, löst sich das
Problem in Nichts auf. Die drohende ökologische Katastrophe ist
dann, in geologischen Zeiträumen betrachtet, eine weitere (freilich
gewaltige) Selbstregulierung dieser Natur. Ob und wie viele
Menschen diese überleben, spielt keine Rolle; das Ökosystem Erde
wird, wenn auch zunächst geschwächt und an Formenvielfalt
verarmt, weiter existieren. Diese Betrachtungsweise scheint
realistisch, kann uns dennoch, trotz der Hoffnung, dass der
Mensch nicht immer siegen kann, nicht weiterhelfen.
Betrachten wir Natur also als das, was den Menschen und
seine Zivilisation umgibt: Flora, Fauna, Atmosphäre, Ozeane und
Landschaftsformen. Wie und wann verlässt der Mensch diese
Natur, hört auf, in ihr zu leben, beginnt, mit ihr zu leben und sie
als Gegenüber zu sehen? Im Prinzip schon bei seinem Auftauchen
in der Evolution. Durch seine Intelligenz ist er in der Lage, die
Natur zunächst zu überlisten, später zu formen und auszubeuten,
sich über sie zu stellen. Der Mechanismus ist seit der Eiszeit
immer derselbe: Umweltumgestaltung, Technisierung, führt aber
noch nicht notwendigerweise zu starken Umweltschäden. Es hat
Kulturen gegeben (z.B. in Südostasien), die die Natur veränderten
und trotzdem (uns erscheint das heute als Gegensatz) mit ihr in
Einklang lebten. Das ist nicht nur eine Frage der
Bevölkerungsdichte. Wertesysteme, Religionen und Philosophien
spiegeln das jeweilige Naturverständnis wieder. Im Falle des
christlichen Europa mit der Maxime "Macht Euch die Erde
untertan", verbunden mit großen technischen Fortschritten seit der
Renaissance, sprengte die menschliche Fähigkeit, die Natur zu
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